Der Vergleich: Kindersitz vs. Trail-Anhänger
Erste echte Trail-Abenteuer erleben Kinder am einfachsten auf einem Sitz. Doch Offroad-Anhänger überzeugen ebenfalls. Die Vor- und Nachteile im Überblick.
Um direkt auf den Punkt zu kommen: Kindersitze für MTBs sind viel günstiger, einfacher im Handling und brauchen im Vergleich zu einem Offroad-Anhänger sehr wenig Platz. Dem gegenüber bieten Trail-Anhänger jedoch Vorteile, die wir sehr schätzen. Hier unsere Erfahrungen nach ausgiebigen Tests beider Systeme:
Kindersitz: Optimal für leichte Touren
Einsatzbereich
Von kurzen Fahrten bis mehrstündige Touren: Bei vielen Gelegenheiten ist der Kindersitz hinter dem Lenker die optimale Wahl. Er eignet sich von Asphalt über Waldwege und Forststrassen bis zu leichten, flowigen Trails. Empfohlen sind die Sitze ab zwei bis ca. fünf Jahren.
Wichtig beim Kind
Das Kind muss sich fest am Lenker halten können. Gute Schuhe und Helm sind aus unserer Sicht selbstverständlich, eine Sonnenbrille oder im Regen eine Goggle empfehlenswert. Langes Sitzen ist nicht angenehm, deshalb gehören regelmässige Pausen dazu.
Wichtig beim Erwachsenen
Wer sich auf dem Bike sicher fühlt, wird keine Mühe haben mit dem Sitz. Je nach Geometrie, Armlänge und Grösse des Kindes kann die Sicht eingeschränkt sein. Durch den kleinen Passagier pedaliert man allenfalls mit leichten O-Beinen. Das gelingt mit Flat Pedals und E-Bikes am einfachsten, mit Klickpedalen und ohne Motor kann das stören oder gar schmerzen. Tendenziell mehr O-Beine verlangt der Mac-Ride, da das Kind darauf tiefer sitzt als beim Kids Ride Shotgun.
Start
Für die ersten Fahrten waren wir nur kurz auf der Strasse und flachen Wegen unterwegs. Das hat uns für das gegenseitige Vertrauen und die neuen Erfahrungen sehr geholfen. Der Sitz ermüdet Zweijährige anfangs schneller als gedacht. Deshalb steigerten wir die Schwierigkeit des Terrains und die Länge der Fahrten langsam und sind damit gut gefahren.
Montage
Für beide Modelle muss unter dem Vorbau ein mitgelieferter Spacer montiert werden, an dem der Kindersitz befestigt wird. Das ist der komplizierte Teil. Wer sich das nicht zutraut, sollte sich die Montage durch eine Fachperson erledigen lassen. Ist der Spacer verbaut, geht es beim Mac-Ride etwas schneller los, da er weniger Einstellmöglichkeiten hat und die Fusshöhe ohne Werkzeug verstellt wird. Doch auch der Kidsride ist bald parat. Die Ausnahme erlebten wir bei der Montage an einer 34,9 mm-Sattelstütze. Bei diesem Durchmesser mussten wir entweder eine Hutmutter am anderen Ende des Schnellspanners entfernen (Mac-Ride) oder eine Nussschraube anstelle der langen Handschraube montieren (Kids Ride). Wie man den Sitz am besten mit dem 34,9-Standart kombiniert und wann er berücksichtigt wird, haben wir bei den Herstellern nachgefragt und werden das an dieser Stelle so bald wie möglich ergänzen. Nach der Montage in jedem Fall mit dem Kind eine Probefahrt machen und allenfalls nachstellen.
Handling
Stimmen die Einstellungen, sind die Sitze im Alltag schnell montiert. Kids Ride Shotgun wie Mac-Ride sind mit wenigen Handgriffen bereit, die Füsse des Kinds sind im Nu korrekt angeschnallt.
Fahrverhalten
Wir waren überrascht, wie stark sich das Fahrverhalten verändert. Der Schwerpunkt wandert sehr deutlich nach oben und vorne. Zudem ist die eigene Beweglichkeit für die Gewichtsverlagerung klar eingeschränkt, sehr langsame Manöver lassen sich weniger leicht kontrollieren. Auch auf die Balance hat das zusätzliche Gewicht einen Einfluss. Die Kippgefahr bei schwierigen Stellen, bei der viel Gleichgewicht gefragt ist, ist viel höher. Diese Faktoren führen dazu, insbesondere auf Abfahrten und Trails intuitiv in einen moderaten Modus zu wechseln. Und man macht einen Bogen um steile, verblockte und exponierte Trails. Sehr enge Kurven sind ebenfalls nicht zu empfehlen, da das Kind zwischen Lenker und Oberrohr eingeklemmt werden kann.
Wettertauglichkeit
Direkt hinter dem Lenker ist das Kind sehr exponiert. Wichtig ist deshalb nicht nur der passende Schutz vor dem aktuellen Wetter. Unbedingt beim Packen auch mögliche Veränderungen wie Regen, sinkende Temperaturen und Wind in höheren Lagen berücksichtigen. Durch die mangelnde Bewegung braucht der Nachwuchs generell mehr Kleider als die Erwachsenen.
Zubehör
Kindersitze funktionieren bereits ohne Zubehör, doch für den sicheren Griff der kleinen Hände gibt es zwei nützliche Teile. Simpel und günstig sind die kleinen Griffe von Mac-Ride, die von aussen auf den Lenker geschoben werden. Sie bieten dem Nachwuchs eine griffige und weniger kalte Haltemöglichkeit zwischen Vorbau und Bremsen.
Die teurere Variante kommt von Kids Ride Shotgun: Ein kleiner Kinderlenker, der auf den grossen Lenker montiert ist. Er bietet den sichersten Griff und erhöht die Körperposition des Kindes, was ihm ein entspannteres Sitzen ermöglicht. Und für den Winter gibt es Handwärmer, die um den kleinen Lenker herum die Hand vor Kälte schützen.
Aufbewahrung und Transport
Der Sitz findet zuhause auf einer recht kleinen Ablage Platz und lässt sich in einem Auto zwischen dem Gepäck verstauen. Ist ein kleines Packmass wichtig, kann er mit Werkzeugen kompakter zusammengeschraubt werden – oder er bleibt direkt auf dem Bike, wenn man im Zug oder mit Veloträger am Auto unterwegs ist.
Kosten
Die einfachste Version des Kids Ride Shotgun kostet ab 100 Franken, die zweite Generation 180 und die Pro-Variante rund 250 Franken. Der Mac-Ride liegt bei rund 270 Franken. Hinzu kommen je nachdem Zubehör wie Kinderlenker, Handschuhe, E-Bike-Kit (Mac-Ride).
Fazit
Zwischen drei und ca. fünf Jahren ist ein Kindersitz auf dem Bike ein Must-Have für alle, die gemeinsam raus wollen in den Wald, die Berge und auf leichte Flowtrails. Weitere Infos, wann ein Sitz sinnvoll ist, gibt es hier.
Offroad-Anhänger: Sicher, schnell und komfortabel
Einsatzbereich
Wir sind mit dem Singletrailer von Tout Terrain unterwegs und nutzen ihn vor allem für mehrstündige Touren abseits asphaltierter Strassen und Wege, für Trailfahrten und wenn wir nicht genau wissen, was uns beim Erkunden von neuen Trailfamily-Routen erwartet. Passagier ist der Kleine, der beim Veröffentlichen dieses Beitrages eineinhalb Jahre alt ist. Mit entsprechendem Zubehör ist der Einsatz bereits ab sechs Monaten und bis zu fünf Jahren möglich. Das empfohlene Maximalgewicht beträgt 25 Kilo.
Wichtig beim Kind
Für Babys braucht es zusätzlich eine Babyschale. Anschliessend gibt es eine Sitzstütze, später sind Kopfkissen sinnvoll, welche dem Kind ein bequemeres Schlafen ermöglichen. Dieses Zubehör muss extra gekauft werden. Weiter wichtig ist ein guter Wetterschutz, da Sonne, Kälte, Regen etc. in den Anhänger dringen können.
Wichtig beim Erwachsenen
Der Singletrailer erlaubt ein sicheres, zügiges und intuitives Fahren, an das man sich sehr schnell gewöhnt. Knifflig wird es einzig in engen Kurven, da der Anhänger den Wendekreis stark ausdehnt. Spitzkehren liegen nicht mehr drin. Sehr verblocktes Geländer ist ebenfalls nicht zu empfehlen, da der Unterboden (vor allem in Kurven) aufsetzen oder der Anhänger gar hängenbleiben kann. Das gilt auch für sehr enge, kurvige Stellen oder tiefe Fahrrinnen.
Montage
Eine Kupplung verbindet den Singletrailer mit dem Bike. Diese wird an der Sattelstütze montiert. Dafür muss der Seilzug oder die Hydraulikleitung der Stütze durch die Kupplung gefädelt werden. In der Regel sollte das klappen, ohne Kabel oder Leitung von der Stütze zu trennen. Der Aufbau des Singletrailers ist dank zahlreichen Schnellspannern einfach und beinahe ohne Werkzeuge möglich. Das Einstellen des Luftdämpfers ist gut erklärt und mit einer Dämpferpumpe schnell erledigt. Etwas Zeit und Geduld brauchen die Sicherheitsgurte, die auf die Körpergrösse des Kindes eingestellt werden müssen.
Handling
Erstmal hakelig ist die Verbindung der Kupplung mit der Deichsel. Das braucht Kraft, Geduld und Übung. Vor allem Anfangs gelingt es zu Zweit einfacher. Ist der Anhänger dran und der Sicherungsstift drin, ist es geschafft: durch den Ständer stehen Bike wie Anhänger frei auf dem Boden. Das Hineinsetzen des Kindes gelingt am besten ohne Sonnendach, das Anschnallen mittels Fünf-Punkte-Gurt klappt gut. Etwas Übung braucht es beim Absteigen (Deichsel über dem Hinterrad nicht vergessen!), dem Ständer ausklappen und Rückwärts manövrieren. Achtung: Je nach Rahmengrösse und Geometrie kann die Deichsel beim Einfedern des Bikes an dessen Hinterrad aufkommen. Dieses Problem sollte beim neuen 24-Zoll-Single Trailer weniger stark auftreten.
Fahrverhalten
Das Fahren ist im Vergleich zu anderen Anhängern richtig toll. Intuitiv ist man zügiger und sicherer unterwegs. Vom Anhänger ist kaum etwas zu hören, der Rollwiderstand ist deutlich geringer als bei zwei Rädern. Abgesehen von engen Kurven und sehr verblockten oder engen Trails sind zahlreiche Routen gut fahrbar, die mit einem Alltagsanhänger und teilweise auch mit einem Kindersitz nicht drin liegen. Man bewegt sich völlig frei und das Bremsen und Lenken verändern sich nur wenig. Der Federweg von 200 oder gar 220 mm verwandelt den Anhänger nicht nur in eine Komfortschaukel, er liegt auch satt auf unebenem Untergrund. Das Neigen in den Kurven erhöht das angenehme Fahrgefühl des Kindes zusätzlich.
Aufbewahrung und Transport
Wer genug Platz hat, kann den Singletrailer dank dem Ständer einfach parken. Die Deichsel ragt jedoch sehr weit nach vorne – insgesamt benötigt der Anhänger über zwei Meter in der Länge und knapp 50cm in der Breite. Dank dem Schnellspanner ist die Deichsel schnell gelöst und in den Wagen gekippt. Dadurch braucht er rund einen Meter weniger Platz. Für das Überwintern oder den Transport im Auto lässt sich auch das Hinterrad schnell demontieren. Der minimale Platzbedarf beträgt 80x80x40cm. Das passt in die meisten Kofferräume, jedoch sind diese danach gut bis sehr gut ausgefüllt. Der Transport im Zug ist leider umständlich, da das Bike mit dem Singletrailer viel zu lang ist, um als Einheit verladen zu werden. Das Abkoppeln ist eher umständlich und die Handhabung mit Bike, Kind und Anhänger braucht Zeit und Nerven, die auf dem Bahnsteig eher knapp sind.
Zubehör
Separat gekauft werden muss die Aufnahme der Kupplung an der Sattelstütze. Unbedingt auf den richtigen Durchmesser achten. Um die Sicherheit bzw. den Fahrkomfort für den oder die kleine:n Passagier:in zu steigern, gibt es Babyschalen, Sitze mit zusätzlicher Stützfunktion und für ältere Kinder Kissen, welche den Kopf seitlich abstützen. Letzteres haben wir uns zugetan und sind nun etwas entspannter unterwegs, da wir keinen komplett abgeknickten Kopf mehr sehen. Zudem bieten die Kissen auch einen gewissen Sonnenschutz. Zusätzlich haben wir ein Schutzblech und eine kleine Tasche montiert, um den Schmutz im Zaum und unsere Rucksäcke etwas leichter zu halten.
Kosten
Der Singletrailer wird in Deutschland in verhältnismässig kleiner Serie hergestellt. Das führt zu einer hohen Qualität und ebensolchen Preisen, welche je nach Modell und Zubehör bei rund 1600 Franken starten.
Fazit
Er braucht viel Platz, ist beim An- und Abkuppeln nicht der einfachste und insgesamt kaum alltagstauglich. Und obendrein kostet der Singletrailer viel Geld. Dennoch ist er für all jene die erste Wahl, die auch mit Kind nicht auf längere Trails und Touren abseits von Forststrassen verzichten wollen. Die Fahreigenschaften, die Sicherheit für alle und damit das Erlebnis auf dem Bike sind unübertroffen. Wer genug sicher fährt, kann diesen Anhänger für leichte Strecken sogar mit einem Kindersitz kombinieren. Einzig um sehr enge Kurven macht man lieber einen grossen Bogen.
Was hast du für Erfahrungen mit Anhänger oder Kindersitz gemacht? Oder hast du eine Frage, die der Beitrag nicht beantwortet? Wir freuen uns über deine Rückmeldung in der Kommentarspalte unten.
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